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Pisa
Das Ende eines Jahres bringt oft Analysen und Resümees mit sich, über gesellschaftliche, politische, kulturelle, sonstige Entwicklungen und Weiterentwicklungen. Wir resümieren jetzt auch, der Reihe nach.
Gesellschaftliche Weiterentwicklung: Hat dieses Jahr nicht stattgefunden.
Politische Weiterentwicklung: siehe gesellschaftliche Weiterentwicklung.
Kulturelle Weiterentwicklung: siehe gesellschaftliche und politische Weiterentwicklung.
Freuen wir uns also auf das neue Jahr, käme als weiterer Reflex nach dem Verweis auf ein tolles vergangenes Jahr. Diese Freude hat natürlich sehr unterschiedliche Ursachen. Manche, eher wenige, weil es bekanntlich immer mehr Menschen gibt, die immer weniger haben bei gleich viel Arbeit, also die, die wirklich noch glauben, dass die Dinge, so wie sie sich gerade gesellschaftlich, politisch und damit auch kulturell entwickeln, in Ordnung sind, freuen sich, weil es für sie finanziell hundert- und tausendfach abgesichert so weitergehen wird wie im letzten Jahr, hurra, mir kann nichts passieren, und wenn mir nichts passieren kann, muss alles passen, also weiter so.
Die meisten anderen, fürchte ich, freuen sich auf ein neues Jahr, weil es einfach nicht noch schlimmer werden kann. Gepaart mit ein wenig Hoffnung, vielleicht darauf, dass Menschen sich auf die ureigensten Grundsätze ihrer Parteien, die sie in Regierungen vertreten, wieder ein klein wenig zumindest bewusst würden, und wofür diese einst standen. Es ist schwierig zu beurteilen, ob es klug war, dieses Jahr noch ein Koalitionsverhandlungsergebnis vor den Latz geknallt zu bekommen. Der neue Stil, der stolz und unermüdlich propagiert wurde, schlägt sich im Ergebnis wieder: Siehe politische Entwicklung oben. Sagen muss man zu dieser neuen Koalition nichts, außer dass in der Zeit der Verhandlungen niemandem eine Regierung gefehlt hat.
Wir beschäftigen uns hier aber mit Pisa. Die Ergebnisse der aktuellen Pisa-Studie wurden sofort interpretiert, diese Interpretationen hörten sich an wie ein Witzeerzählwettbewerb. Die erste Reaktion der Gesamtschulgegner: Die Finnen stürzen ab. Nur wegen der Gesamtschule. Also erst einmal ein österreichischer Reflex: Wo anders hin zeigen statt daheim nachzuschauen. Dass die Finnen Bildung betreffend noch immer ungefährdet sind, von Österreich in diesem eigenartigen Wettbewerb eingeholt zu werden, wird schnell verschwiegen, so gesamtschulisch kann Finnland gar nicht vergammeln.
Die Gesamtschulbefürworter: Die Neue Mittelschule ist der Grund für eine Steigerung, wo genau wird man noch sehen. Schön, dass eine neue Mittelschule, die seit zwei Jahren 11- und 12-jährige unterrichtet, bei 14 bis 16-jährigen bereits Resultate zeigt.
You can fool some of the people all of the time, and all of the people some of the time, but you can not fool all of the people all of the time.
Abraham Lincoln hat das gesagt, Geschichte und Erfahrungen daraus sind aber nicht mehr gefragt, scheint es. Etwas Ähnliches wie ein Pisa-Test sollte einmal mit Menschen in führenden Positionen durchgeführt werden, selbstverständlich mit sämtlichen in der Politik tätigen. Für letztere in unter anderem folgenden Bereichen und Unterbereichen:
- Die Fähigkeit, Fragen sinnerfassend zu verstehen, den Inhalt nicht sinnentfremdend zu interpretieren und sinngemäß darauf antworten.
- Fremdsprachen so beherrschen, dass das Fremdschämen der Bürgerinnen und Bürger des Landes nicht mehr nötig ist; natürlich ist auch der erste Punkt für Fremdsprachen relevant.
- Das einwandfreie Addieren und Subtrahieren einzelner Summen unter Berücksichtigung der Komplettheit aller Zahlen und Faktoren zu einer eventuell etwas genaueren Fokussierung einer möglichen Kalkulationsüberschreitung oder eines Staatsdefizits als das aktuelle bei einer Schwankung von plus/minus zig Milliarden Euro.
- Das einwandfreie Multiplizieren und Dividieren, damit die vielfachen Gehaltsunterschiede innerhalb von Unternehmen und in unserer Gesellschaft insgesamt in ihrer Absurdität gesichtet und eventuell auch begriffen werden können.
- Resultierend aus den Bereichen oben die Fähigkeit, erkennen zu können, dass eine Bezahlung von Strafgeldern für überschrittene Emissionsmengen keine Verbesserung der Umweltsituation insgesamt darstellt.
- Ebenso resultierend aus obigen Bereichen die Fähigkeit begreifen zu können, dass ein Verkehrsmittel wie eine Eisenbahn gegenüber einem Individualverkehr mit verbrennungsmotorisierten Mobilen einen wesentlich höheren Beitrag zur Senkung der Schadstoffemissionen beiträgt.
Sozialkunde: Existiert nicht. Soziale Intelligenz scheint ein unwichtiger Faktor zu sein.
Diese Beispiele wären gar nicht so schwer zu bewältigen, möchte man meinen. Das ist aber ein großer Irrtum. Zuerst sollten also einmal die erwachsenen Menschen mit solchen Statistiken unter Druck gesetzt werden, nicht Kinder und Jugendliche, die an diesem Schlamassel wirklich keine Schuld tragen. Vielleicht wird so ein Test Wirklichkeit. Vorerst steht dem Volk eine ordentliche Fremdschämung ins Haus, schätze ich, aber vielleicht könnte hinterher sich wirklich etwas verändern, könnte reagiert werden auf Zahlen, egal wie ernst sie genommen werden. Vermutlich müssen bei einer solchen Studie alle Länder dieser Welt ausnahmslos als sogenannte Entwicklungsländer bezeichnet werden. Nichtentwicklungsländer ist treffender. Letztendlich sind es wir selbst, wir blöden Menschen, die sogenannte Krönung der Natur, die selbige einhergehend mit Gesellschaft und Kultur sukzessive und erfolgreich in ihre Bestandteile zerlegt und jeden Tag Monumente der Entmenschlichung und Dummheit errichtet. Ein Beweis? Bitte sehr: Die Streichung des Wissenschaftsministeriums. Ein erstes Kunststück der Koalition. Es überrascht aber nicht, dass Bildung eigentlich beiden egal ist, trotz aller Beteuerungen.
Das Hauptaugenmerk in der Erziehung von Kindern und Jugendlichen liegt darin, ihnen ihre natürliche und sehr hohe Intelligenz, mit der sie ganz leicht erkennen können, dass auf dieser Welt fast alles schief läuft, auf ein Niveau herunterzubiegen, dass sie nach Abschluss einer Grundausbildung tatsächlich soweit sind, die Welt und den Umgang mit ihr für gut und richtig zu halten. Angst ist der Treibstoff, der führende Eliten in Wirklichkeit transportiert, Angst vor einem eigenen materiellen Durchschnitt. Geistige Leere und soziale Begabung nicht einmal am Level eines Primaten kann man es auch nennen. Vergessen wir nicht, dass das Denkvermögen trotz aller Schieflage keinem finanziellen Hintergrund mehr unterliegt, also erinnern wir uns an die klugen Worte von Lincoln, vor allem die Kollegenschaft in den Kabinetten sollte sie sich gut ansehen. Wenn sie es nicht verstehen, können sie den Text ja von ehemaligen Innenministern übersetzen lassen, diese Übersetzung würde mich sehr interessieren. Einer von ihnen wollte bekanntlich Lobbyisten anzeigen, die, würde man seinen Ausführungen Glauben schenken, so blöd waren, sich selbst bei der Korruption zu filmen. Das ist so ein Paradebeispiel, dass es nicht funktioniert, wenn geglaubt wird, dass der Rest der Welt unbedingt noch blöder ist als man selbst.
Ein gutes neues Jahr!
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Originalbild hier: http://www.flickr.com/photos/30978323@N02/5672692589/
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